Ursprünge
Die Ursprünge der japanischen Selbstverteidigungskünste liegen im Dunkel der Geschichte. In den alten Chroniken aus den 8 Jh.n.Chr. werden die Vorläufer des Ju-Jutsu erwähnt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden japanische Kampfarten zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert aus dem Kumi Uchi (Nahkampf) dem Vorläufer des Yawara (Jiu Jitsu) entwickelt und später vom chinesischen, koreanischen Buddhistischen Mönchen, Gelehrten, Einwanderern nach Japan gebrachten Kenpo (Quanfa) beeinflusst. Die Japaner verbanden diese chinesischen Methoden (Atemi) mit ihren traditionellen Systemen dann zu neuen japanischen Kampfkünsten.
An den Höfen der Daimyo, der Fürsten, wurden diese Verteidigungs- oder Kampftechniken sowohl mit als auch ohne Waffe, von den Samurai, der Kriegerkaste, ausgeübt (Bujutsu). Die Samurai lebten nach ihrem Ehrenkodex, dem Bushidō (Der Weg des Kriegers). Treue, grenzenlose Ergebenheit gegenüber ihrem Herrn, unbedingte Pflichterfüllung, die Einhaltung eines gegebenen Wortes, absolute Verschwiegenheit, Tapferkeit und Todesverachtung waren die Grundsätze des Bushido. Bushido war zudem stark von der konfuzianischen Lehre und dem Zen-Buddhismus sowie dem Shintoismus beeinflusst. Die Zeit der Samurai endete mit der Meiji-Restauration im Jahre 1868. Das fast 700 Jahre dauernde Shogunat wurde abgeschafft und der Kaiser übernahm wieder die Macht im Lande. Infolgedessen mussten die Samurai all‘ ihre Waffen ablegen. Die Wirksamkeit der alten Waffen (Schwerter, Spieße, Bogen usw.) war ohnehin durch die Entwicklung der Feuerwaffen (Gewehre, Pistolen) nicht mehr gegeben.
Judo im modernen Japan
Mit dem Beginn des modernen Japans geriet die waffenlose Selbstverteidigung fast in Vergessenheit. Am Hofe des japanischen Kaisers unterrichtete gegen Ende des 19. Jahrhunderts der deutsche Medizinalrat Erwin Bälz. Ihm fiel die schwache Konstitution seiner Studenten auf, weshalb er ihnen empfahl, zur Stärkung die alten Samuraitechniken zu üben. Diese Geschichte, nach der Bälz letztlich der Auslöser für das Üben der alten Samuraitechniken war, wird oft erzählt, ist jedoch nicht bewiesen.
Einer seiner Schüler, der junge Jigoro Kano, übte bei verschiedenen letzten alten Meistern der fast vergessenen Kampfkunst, hauptsächlich übte er Kito Ryu und Tenshin Shinyo ryu JuJutsu. Aus den dort erlernten Techniken entwickelte er 1882 das moderne Judo, indem er die alten JuJutsu Stile von allen gefährlichen Elementen befreite. Stöße, Schläge, Tritte und viele Hebeltechniken, insbesondere die Kleingelenkhebel, wurden ersatzlos gestrichen oder in die Kata integriert. Die verbleibenden Techniken ermöglichten einen sportlichen Zweikampf, ohne dass größere Verletzungen zu befürchten waren. Diesen neuen Sport nannte er „Judo“ Zu Deutsch: „sanfter“ oder „weicher Weg“.
Er gründete 1882 eine eigene Schule, den „Kodokan“ („Ort zum Studium des Weges“, heute in Tokio), an der er seinen neuen Sport lehrte. Auch heute noch ist der Kodokan das „Mekka“ des Judo.
Judo setzte sich in Japan allerdings erst durch, als die Schüler Kanos (zuvor JuJutsu Praktizierende) im Jahre 1886 einen Kampf nach Regeln zwischen der Kodokan-Schule und der traditionellen JuJutsu-Schule „Ryoi-Shinto Ryu“ für sich entscheiden konnten. Aufgrund dieses Erfolges verbreitete sich Judo in Japan rasch und wurde bald bei der Polizei und der Armee eingeführt. An den höheren Schulen in Japan gehört Judo zusammen mit Kendo zu den Wahlpflichtfächern.
Es wird behauptet, Kano habe das Judo durchaus als ernstzunehmende Selbstverteidigungskunst inklusive Schlägen und Fußtritten konzipiert (ohne die ein Sieg über „Ryoi-Shinto Ryu“ nicht möglich gewesen wäre).
Der Weg in den Westen
1906 kamen japanische Kriegsschiffe zu einem Freundschaftsbesuch nach Kiel. Die Gäste führten dem deutschen Kaiser ihre Nahkampfkünste vor. Wilhelm II. war begeistert, und er ließ seine Kadetten in der neuen Kampfkunst unterrichten. Der damals bedeutendste deutsche Schüler war der Berliner Erich Rahn. Noch im gleichen Jahr gründete er die erste deutsche Schule für asiatische Kampfkünste. Damals nannte man diese Techniken noch „Jiu-Jitsu“.
1922, nach Ende des 1. Weltkrieges, fanden die ersten Meisterschaften statt, bei denen Erich Rahn Sieger blieb. Es dauerte jedoch noch recht lange, bis die Sportler, in den eigentümlichen weißen Kitteln, endgültig anerkannt wurden. Die ersten Europameisterschaften wurden 1934 in Dresden ausgerichtet. Durch den 2. Weltkrieg wurde die Entwicklung merklich unterbrochen. Bis 1948 war der Judosport sogar durch die Alliierten verboten. Erst 1952 wurde das Deutsche Dan-Kollegium (DDK) als Dachverband sämtlicher Budosportarten in Deutschland und 1953 der Deutsche Judobund gegründet und 1956 vom deutschen Sportbund anerkannt. Bei den Olympischen Spielen in Tokio, 1964, war Judo erstmals als olympischer Sport zu sehen. Bei der Judo-Weltmeisterschaft 1979 in Paris errang Detlef Ultsch als Mitglied der DDR-Nationalmannschaft den ersten Judo-Weltmeistertitel für Deutschland. Heute wird Judo in über 150 Ländern ausgeübt.